DVD-Tipps für April 2024
Unsere brandaktuellen DVD-Kritiken Unsere DVD-Tipp4U für den April

Eben erst sind in Los Angeles die Oscars vergeben worden und wir hoffen sehr, dass der eine („The Holdovers“) oder andere („Perfect Days“) unserer April-Kandidaten ein kleines Wörtchen mitreden konnte. Aber selbst wenn nicht, können wir Ihnen Perlen wie die amerikanische Internats-Dramödie oder das japanisch-deutsche Toilettenprojekt nur wärmstens ans Herz legen. Genauso wie Actionfans den Bienen züchtenden Jason Statham, Panem-Fans die Vorgeschichte um Coriolanus Snow und Animationsfreunden „Wish“ – auch wenn keiner der eben genannten für größere Filmpreise in Frage kommen dürfte. Dafür tun sie das besonders gut, wofür Film einst geschaffen wurde: Sie unterhalten und überraschen uns. Und dafür gibt es von uns mindestens mal die Müllerbiene unserer Herzen…

The Beekeeper
Insekten-Vernichter

Man sollte Jason Statham nicht wütend machen – zumindest nicht in einer seiner zahlreichen filmischen Inkarnationen. Wer Jason Statham wütend macht, der sieht nicht nur grün, sondern ziemlich sicher ziemlich schnell schwarz bzw. die Erde von unten. Das gilt dann erst recht, wenn man einer netten alten Dame so übel mitgespielt hat, dass sie sich das Leben nimmt. So geschehen in „The Beekeeper“, wo die Landlady von Imker Clay (Statham) Opfer eines Millionenbetruges wird und sich der Bienenzüchter auf einen gnadenlosen Rachefeldzug begibt – verfolgt unter anderem auch vom FBI, das bald darauf kommt, dass hinter dem „Beekeeper“ mehr steckt als nur ein schießwütiger Honigfreund. Das Gute daran: Inszeniert hat den brutalen aber unterhaltsamen Actioner Genrespezialist David Ayers, neben Statham glänzen unter anderem Josh Hutcherson, Minnie Driver und Jeremy Irons. Stathamites sollten voll auf ihre Kosten kommen. 

Man sollte Jason Statham nicht wütend machen...
The Holdovers
Club der Zurückgebliebenen (Dichter)

Ein Film voller Herzenswärme und Nostalgie

Ein bisschen schade war es hierzulande, dass Universal „The Holdovers“ nicht vor Weihnachten in die Kinos gebracht hat. Denn nicht nur unserer Meinung nach ist es Alexander Paynes („Sideways“) Film gelungen, sich aus dem Stand unter die schönsten Weihnachtsfilme aller Zeiten zu spielen. Das liegt nicht nur am verschneiten Setting und dem nostalgischen Rückgriff auf 1970er Jahre Flair, sondern auch an der Herzenswärme, die von der Internats- und Schulgeschichte verbreitet wird. Im Mittelpunkt steht ein von Paul Giamatti wirklich herausragend verkörperter erzstrenger und ungeliebter „Lehrkörper“, der mit einigen wenigen Schülern im Internat überwintern muss. Die Umstände wollen es so, dass sich bald nur noch Köchin Mary (Da’Vine Joy Randolph) und der sarkastische Schüler Angus (Dominic Sessa) mit ihm auf dem Schulgelände befinden. Drei angeknackste Seelen, die sich über den Lauf der Feiertage einander annähern dürfen. Schön!


The Ballad of Songbirds & Snakes
Tribute Reloaded

Ein bisschen ungerecht wurde dieses Prequel von vielen vorverurteilt, die geglaubt haben, hier würde ohne literarische Vorlage noch einmal auf den großen Tribute-Reibach geschielt. Dabei basiert „The Ballad of Songbirds and Snakes“ auf der von „Tribute“-Erfinderin Collins selbst verfassten Buchvorlage, die den dystopischen Zyklus auf absolut sinnvolle Weise um eine dramatische Vorgeschichte erweitert und so die Welt von Panem um bedeutende Faktoren ergänzt hat. Endlich erfahren wir, wie es zu den Hungerspielen gekommen ist und wie aus dem ehrgeizigen Schüler Coriolanus Snow der verhasste Präsident und Diktator wird. Das wird auch filmisch erstaunlich vielschichtig, nah an der Vorlage und entsprechend ausführlich erzählt und birgt überdies eine unglaublich tragische Liebesgeschichte. Ein wenig zerfällt der Film zwar in zwei Teile – von denen man sich gut hätte vorstellen können, jeweils einen eigenen Film in die Kinos zu bringen. Aber „Tribute“-Fans sollten hier trotzdem (und auch ohne Jennifer Lawrence) absolut auf ihre Kosten kommen.

Prequel „Tribute“
„Tribute“-Fans sollten hier (und auch ohne Jennifer Lawrence) absolut auf ihre Kosten kommen
Wish
Wunscherfüllung
Wish
Eine märchenhafte Prinzessin auf Rettungsmission

Eigentlich passend, dass „Wish“ zum 100ten Jubiläum der Disney Company so eine Art animierte filmische Wunscherfüllungsmaschine ist. Hier kulminiert all das, was der Konzern mit der Maus über mehrere Generationen hinweg produziert hat – vor allem in Sachen märchenhafte Prinzessin auf Rettungsmission. Die hört in diesem Fall auf den Namen Asha und lebt im Königreich der Wünsche, das buchstäblich jeden Wunsch in Erfüllung gehen lassen kann. Auch sie schickt ein Stoßgebet gen Himmel und erhält als Antwort einen pfiffigen „Stern“, der sie und ihre Ziege Valentino begleitet bei ihrem Versuch, das Königreich vor den sinistren Plänen des bösen Königs Magnifico zu bewahren. Das ist insgesamt zwar nicht besonders einfallsreich geschrieben und phasenweise schon sehr sehr gut gemeint, aber ein Disneyfilm ist eben ein Disneyfilm ist ein Disneyfilm. Und die haben ihr Zielpublikum eigentlich noch nie verfehlt. Happy belated birthday!


Sterne zum Dessert
Süßspeisen-Impressario

Hat sie oder hat sie nicht: Diese Frage beschäftigt das Kinopublikum bereits seit einigen Monaten mindestens ebenso sehr wie die Frage, ob Sandra Hüller für ihre unglaubliche Performance hier (und in „The Zone of Interest“) auch noch den Oscar abräumen kann. Im bereits vielfach ausgezeichneten Thrillerdrama der französischen Ausnahmeregisseurin Justine Triet brilliert sie als undurchsichtige deutsche Autorin, deren französischer Ehemann bei einem Fall von seinem Hausdach ums Leben kommt. Einziger Zeuge von dem, was möglicherweise auch eine Gewalttat sein könnte, ist der Sohn der beiden, dessen tragische Erblindung einer der Gründe für zunehmende Spannungen zwischen dem Paar sein könnte. Tatsächlich führen Ungereimtheiten dazu, dass der vermeintliche Selbstmord vor Gericht verhandelt wird, wo die Geschichte mindestens ebenso viele neue Seiten offenbart wie Hüllers Hauptfigur unterschiedliche Gesichter. Das (ergebnisoffene) Resultat: kaum weniger als meisterhaft! 

Süßspeisen-Impressario
Weltmeisterschaft für das Patisserie-Geschäft in Frankreich
Anselm
Das Rauschen der Zeit
Anselm

Der Film lädt dazu ein, sich mit einem der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts auseinanderzusetzen.

Wir geben es gerne zu: Trotz etlicher Arbeiten von Weltrang war uns das Werk des Deutschen Künstlers Anselm Kiefer bislang eher weniger ein Begriff. Was nicht zuletzt auch daran liegen könnte, dass ihm die ganz große Aufmerksamkeit immer im Ausland entgegengebracht wurde, wo Kiefer auch gigantische Ateliers in Fabrikgröße unterhält. Dankenswerterweise hat sich mit Wim Wenders ein anderer Gigant seiner Kunst gefunden, der mit filmischen Mitteln vom Schaffen und Wirken Kiefers erzählt. Dabei bleibt „Anselm“ ganz nah an seinem ja glücklicherweise noch lebenden Subjekt und liefert Eindrücke aus dessen Werk, die wirklich atemberaubend sind. Ausstellungen von der Größe eines Themenparks, die in der französischen Provinz erst seit kurzem auch Besuchern offenstehen. Und die wie der Film dazu einladen, sich mit einem der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts auseinanderzusetzen.


Perfect Days
Ein einfaches Leben

Der Sachbuch- und Philosophiemarkt wird bestimmt von „Ikigai“, der Lehre dessen, wofür es sich zu leben lohnt. Und Regisseur Wim Wenders scheint mit seinem japanischen (!!) Film „Perfect Days“ diesbezüglich einen echten Nerv getroffen zu haben. Im Mittelpunkt des in Cannes prämierten und für den Auslandsoscar nominierten Films steht Hirayama, der ein einfaches Leben als Toilettenreiniger in Tokio führt. In extrem ruhigem Tonfall folgt Wenders dieser Figur durch ihren vermeintlich monotonen Alltag und enthüllt dem Zuschauer fast nebenbei, was wirklich wichtig ist im Leben. Eine Art filmische Meditation, die es in zahlreichen Kritikerspiegeln 2023 ganz nach oben gebracht hat. Zu Recht. Ganz offenbar hat auch Wim Wenders das gefunden, wofür es sich zu leben lohnt: Die Filmkunst. Nahezu parallel hat er auch seine eindrucksvolle Dokumentation zu „Anselm“ Kiefer veröffentlicht.

 

Ein einfaches Leben
Im Mittelpunkt des Films steht Hirayama, der ein einfaches Leben als Toilettenreiniger in Tokio führt
Baby To Go
Die Pod Generation
Silent Night
John Woo. Ein Name wie Donnerhall in der Welt des modernen Actionfilms.

Schöne neue Welt oder künstlich intelligenter Albtraum. In der gar nicht mehr allzu fernen Zukunft von „Baby To Go“ (Originaltitel: „The Pod Generation“) wird unser aller eben längst von Künstlicher Intelligenz gelenkt und bestimmt. Selbst wenn wir in die „Natur“ wollen, greifen wir auf digitale Ersatzbefriedigung zurück. Warum also nicht auch das größte Wunder der Natur, die Geburt, auf künstlichem Weg einfacher machen. Denkt sich auch ein junges von Emilia Clarke („Game of Thrones“) und Chiwetel Ejiofor gespieltes Pärchen und plant eine „externe“ Schwangerschaft mit einer tragbaren „Gebärmutter“ in Form eines Eis. Endlich können Mann und Frau am Wunder der Geburt teilhaben – und das ganz ohne körperlich beeinträchtigt zu sein. Freilich hat das neue Verfahren seine Tücken. Und „Baby To Go“ legt sie nicht ohne Witz und mit für eine Indieproduktion erstaunlich guten Effekten offen.

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