Wir geben es ja zu: Angesichts der relativ überschaubaren Anzahl an Neuveröffentlichungen im Dezember hätte man für diesen Monat auch mit einem „Best-of-Weihnachtsalben“ arbeiten können. Aber mal ehrlich: Kann irgendwer noch die 18. Version von „White Christmas“ oder dem „Little Drummer Boy“ hören? Eben. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, noch einmal der aktuellen Popmusik aufs Podest zu verhelfen. Mit einem Rückblick, der das gesamte Chartjahr ins Auge fasst, mit majestätisch-schwelgerischen Crossover-Klängen, mit – okay, ohne geht’s nicht – ein wenig Schlagerpop. Und mit zwei der spannendsten Künstler*innen, welche die Alternativ-Szene derzeit zu bieten hat. Kurz gesagt: Schaffen Sie Platz unter dem Weihnachtsbaum. Die ein oder andere Vinyl- oder CD-Neuheit muss auf jeden Fall noch Platz finden. Frohes Fest!
Inhalt der Seite
• Thomas Anders / Florian Silbereisen
• The Dark Tenor
• BRAVO The Hits 2024
• Soap & Skin
• The National
Nochmal!
So oft ist das Nachfolgealbum zum Duett-Debüt der beiden Schlagerprofis bereits verschoben worden, dass wir schon gar nicht mehr an eine Veröffentlichung glauben wollten. Aber jetzt ist es endlich da und es bedient all das, was die Fans schon am Vorgänger zu schätzen gewusst haben. Und mehr. Denn wenn es zitatenreich in die „Neonfarbenwelt“ der 1980er Jahre geht, wird auch ein gerüttelt Maß an Nostalgie verbreitet. Überhaupt: Alles funkelt und glitzert beim zweiten Durchgang der Popschlagerikonen. Die mit großer Sicherheit auch in Sachen Charts auf den Wiederholungseffekt von „Nochmal!“ bauen dürfen: Vor vier Jahren ging es mit „Das Album“ direkt von Null auf Eins und unter die zehn meistverkauften Alben des Jahres. Gut möglich, dass ihnen das mit „Nochmal!“ nochmal gelingt…
Ein Jahr, nachdem er mit “X” sein zehntes Jubiläum feierte, gibt es schon das nächste runde Fest für Billy Andrews zu begehen. Vor genau zehn Jahren ist nämlich sein Erfolgsalbum „Symphony of Light“ erschienen. Für den dunklen Tenor kein Grund, alten Wein in neue Schläuche zu füllen und lediglich eine Neuauflage zu präsentieren. Er geht in die Fortsetzung. Und das bedeutet für Fans des Crossover-Sängers: Zwölf neue Studiosongs, darunter etliche Neuinterpretationen großer Klassik-Melodien und Pop-Klassiker. Neben Beethoven Schumann und Mozart finden sich so auch Namen wie der von Josh Groban („You Raise Me Up“) und Tears for Fears („Shout“) auf der Trackliste von „Symphony of Light 2“. Für den Sänger selbst ein Beweis dafür, dass Klassik mehr ist als nur ein Genre. Für ihn sind es die Melodien, die Zeiten überdauern. Das mag Puristen sauer aufstoßen, ist für Fans von The Dark Tenor aber ein neuerlicher Grund, zu feiern.
„Alle Jahre wieder“, das ist mit Sicherheit einer der größten Hits zur Weihnachtszeit. Und „Alle Jahre wieder“, das gilt auch für diese Hits, die im Namen der BRAVO zum Ende jeden Jahres noch einmal in Erinnerung rufen, zu welchen Klängen wir getanzt, gefeiert, mit dem Kopf genickt oder die ein oder andere Träne vergossen haben. Wobei der Schwerpunkt von „Bravo – The Hits 2024“ ganz eindeutig auf der Tanzfläche liegt. Mit den größten Hits von Neu-Superstars wie Sabrina Carpenter „Espresso“ und Chappell Roan („Good Luck, Babe!“), mit etablierten Größen wie Ariana Grande, Coldplay, the Weeknd oder Billie Eilish. Und mit Eigengewächsen wie Shirin David oder Nina Chuba, die längst unter Beweis gestellt haben, dass die ganz großen Hits nicht mehr nur im Ausland gebacken werden. Fast 50 Tracks versammelt die Compilation, die übrigens auch in limitierter 4-LP-Fassung erhältlich ist.
Wer insbesondere auf der Müller-Webseite „Soap & Skin“ in die Suchmaske eingibt, der landet wahrscheinlich bei zahlreichen Kosmetik-Produkten, nicht aber bei der österreichischen Künstlerin Anja Plaschg, die schon seit Jahren zu den aufregendsten Musikexporten der Alpenrepublik gehört. Und längst nicht mehr nur das. Jüngst hat sie auch in der Hauptrolle des alpenländischen (und international gefeierten) Hexendramas „Des Teufels Bad“ für Furore gesorgt, zu dem sie auch die Musik beigesteuert hat. Wahrscheinlich ist deshalb nicht mehr ganz so viel Zeit für die Arbeit an eigenem Material geblieben. Wobei eine gute Interpretation mindestens ebenso viel Herzblut erfordern dürfte. Das stellt Plaschg als Soap & Skin jetzt auf „Torso“ unter Beweis, einem reinen Coveralbum, das ihre Interpretationen der vergangenen Jahre versammelt und zahlreiche Momente gespenstischer Schönheit enthält. Neben Sufjan Stevens „Mystery of Love“ und dem wunderschönen „Voyage, Voyage“ (im Original von Desireless) gibt sie unter anderem auch „Pale Blue Eyes“ von The Velvet Underground und „The End“ von The Doors zum Besten. Und lässt sie zum ganz eigenen Klagegesang werden.
Alle Wege führen nach Rom? Im Falle von The National muss es wohl eher heißen: Zu „Rome“. Denn hinter dem Titel verbirgt sich ein komplettes Live-Album der Band, die sich aktuell auf dem absoluten Höhepunkt ihres Schaffens befindet und deren Konzert in der italienischen Hauptstadt im Juni 2024 komplett und ohne Overdubs mitgeschnitten wurde. Satte 21 Tracks gibt es hier auf zwei CDs bzw. Vinyls zu hören und damit einen Querschnitt, der praktisch die gesamte Karriere der Band umfasst. Das Beste: Selbst wer die Band unlängst live erleben konnte, findet hier wahrscheinlich Neues. Weil kein Abend dem anderen und kaum eine Setlist der vorherigen gleicht. Aufgenommen i eindrucksvollen „Parco Della Musica Ennio Morricone“ wird „Rome“ dem legendären Komponisten jedenfalls mehr als gerecht. Mit einem Gig, der mindestens so viel Grandezza hat wie die größten Würfe des „Maestro“.