Die Kastelruther Spatzen pfeifen es schon von den Dächern: Der Herbst ist da. Und mit ihm unser monatlicher Überblick, für den wir – von einer Ausnahme abgesehen – praktisch zuhause bleiben dürfen. Denn abgesehen vom brasilianischen Tausendsassa Ed Motta singen alle von uns gefeatureten Künstler auf Deutsch – sogar dann, wenn sie ursprünglich aus den Niederlanden oder aus Südtirol stammen. International bleibt es freilich trotzdem. Zumindest dann, wenn es mit Santiano auf große Seereise geht. „Herz und Heimat“ darf man dabei ja trotzdem immer im Blick behalten. In diesem Sinne: Leinen los und viel Spaß mit unseren brandneuen Musik-Tipps!
Eines kann man den Spatzen aus dem Südtiroler Kastelruth nicht vorwerfen: Dass sie sich von der Zeit auf der einen oder Diskussionen rund um namenlose Studiomusiker auf der anderen Seite hätten unterkriegen lassen. Seit bald 50 Jahren, runde 40 davon im Tonträgergeschäft, veröffentlicht die Band um Sänger und Schlagzeuger Norbert Rier volkstümliche Hitalben. Und seit 2002 sind sie mit seither 20 veröffentlichten Alben regelmäßig in die deutschen Album-TopTen eingestiegen. Da darf man, vier Dekaden nach „Viel Spaß und Freude“, auch mal wieder erkennen, wo „Herz und Heimat“ zuhause sind. In nahezu jedem der 15 neuen Songs nämlich, die Spatzen- und Volksmusikfans das bescheren, was die Spatzen in ihrem ersten Album einst besagen. Ales andere als ein neuerlicher Top3-Einstieg würde uns überraschen…
Der Titel von Eloy de Jongs Jubiläums-Best-of darf wörtlich verstanden werden. Zu seinem runden 50. Geburtstag feiert der charmante Niederländer nicht nur 30 Jahre im Showgeschäft (angefangen mit den Boyband-Überfliegern von Caught In The Act), sondern auch fünf erfolgreiche Jahre im Solo- bzw. Popschlager-Geschäft. Mit „Egal was andere sagen“ ist ihm 2018 nämlich der neuerliche Durchbruch gelungen, gefolgt vom Nummer-Eins-Album „Kopf aus – Herz an“, dem 2020 und 2022 mit „Auf das Leben – fertig – los!“ und „Lass das Leben Musik sein“ zwei weitere Top-Ten-Alben folgen sollten. Genug Material eigentlich für einen ersten Rückblick. Und doch geht Eloy mit „Viel mehr als nur das Beste“ weit darüber hinaus: Gleich zwölf Bonustitel warten auf seine Fans, darunter nicht nur fünf neu eingesungene CITA-Hits, sondern gleich sieben brandneue Songs. Auch für seine Fans also ein echter Grund zum Feiern.
Sage und schreibe (bzw. höre) 60 Hits hat Telamo zusammengetragen für die ultimative Jahresendschlagersammlung des Jahres. Und die Liste der Beteiligten liest sich wie ein Wer ist Wer der deutschen Volksmusik- Schlager- und Popschlagerszene: Von Giovanni Zarrella, Eloy de Jong und Ross Antony über Daniela Alfinito, die Amigos und Fantasy bis hin zu Oli P., Heino, die Katzenberger und ihren Lucas reicht die Liste – und sie ließe sich um zahlreiche prominente Namen fortsetzen. Das bildet aber nur den Inhalt der drei CDs ab, die in der „Schlager Hits 2023“-Box zu finden sind. Obendrein gibt es aber auch noch eine DVD mit 20 Musikvideos zu den größten hier versammelten Hits. Damit nicht nur fürs Ohr, sondern auch für das Auge ausreichend geboten ist zum Schlager- bzw. Jahresausklang.
Besonders durch ihre Schlager mit religiösem Hintergrund ist Bianca bekannt geworden. Kein Wunder: Schließlich startete sie ihre Karriere einst im Kinderchor und sang später in den 1970ern in christlichen Musicals mit. Ihre Solokarriere begann sie als Interpretin und Autorin für andere erst Mitte der 80er Jahre. Dass seither einiges an Hits mit heimatlicher und zuweilen etwas frömmelnder Note dazugekommen ist, das versteht sich im Verlauf von rund 40 Jahren von selbst. Davon kündet nun dieses Best-Of, das zahlreiche ihrer beliebtesten Hits noch einmal versammelt. Für alle, die mit Herlinde Grobe alias Bianca groß geworden sind und für jene, sie sie erst jetzt für sich entdecken ...
Mit seinen etwas über 50 Jahren zählt Ed Motta zu den großen Stars der brasilianischen Rock- und Popmusik. Spätestens seit seiner Nominierung für den Latin-Grammy 2006 ist er Musikfans auch über seine Heimat hinaus ein Begriff: „Der Koloss von Rio“ begeistert mit seiner eklektischen Mischung aus Rock, Jazz, Funk und Soul längst ein weltweites Publikum. Das musste tatsächlich eine ganze Weile warten, bevor Motta „Criterion of the Senses“ von 2018 ein neues Album folgen ließ. „Behind the Tea Chronicles“ darf nun zeigen, dass sich die Geduld seiner Fans gelohnt hat. Vielseitig wie eh und je gelingt es dem Brasilianer diesmal besonders eindrucksvoll, seine vielen musikalischen Vorlieben in ein überzeugendes Gesamtkonzept zu übersetzen. Ein Konzept, das zwischen Roc und Jazz, Funk und Filmmusik alle Grenzen endgültig hinter sich lässt.
Wie passend. Eigentlich war Ben Zuckers neues Album bereits für Anfang September angekündigt. Aber dann musste er sich und seinen Fans selbst eingestehen: „Heute Nicht!“ Ihm hätten wohl noch der letzte Schliff und ein Hauch Perfektion gefehlt, ohne die er sein mittlerweile viertes Album nicht in die Freiheit entlassen wollte. Mit gut sechs Wochen Verspätung erscheint „Heute Nicht!“ aber nun doch – mit Einblicken, die sein im Cover zum Ausdruck gebrachtes Männlichkeits-Selbstbild einmal mehr bestätigen. Kurz: Das Album strotzt nur so vor virilem Selbstbewusstsein, Lebensfreude und Macher-Attitüde. Zucker legt seinen starken und schützenden Arm um die vornehmlich weiblichen Fans und jagt ihnen mit seiner Reibeisenstimme wohlige Schauer über den Rücken. „Heute Nicht!“, das wird keine Zucker-Followerin gelten lassen…
Eigentlich hätte Mark Forster es gar nicht nötig, „nur“ zwei Jahre nach „Musketiere“ schon wieder neues Material nachzulegen. Schließlich hat er als Lena-Gatte, Papa, Juror und Autor für andere Musikerinnen und Musiker mehr als genug um die Ohren. Was er wohl selber erkannt und sich deshalb in „Supervision“ begeben hat. Die umfasst normalerweise den Blick von außen auf Arbeitsverhältnisse und Beziehungen, im Fall von Mark allerdings spiegelt sie einfach sein Innerstes. Und zwar mit 15 Songs, die aus verschiedenen Blickwinkeln sein lyrisches Ich und die Welt, die ihn umgibt, reflektieren. In Form wie immer großartiger Popsongs, die vor allem eines nachdrücklich unterstreichen: Mark Forster behält immer noch den Durchblick.
Die Flensburger Shantyrocker kennen offensichtlich keine ruhigen Gewässer. Statt sich auf ihren Erfolgen und sieben Nummer-Eins-Alben in Folge auszuruhen, stechen sie für ihr neues Album abermals in See. Sehnsuchtsziel der graumelierten Seebären: Das „Doggerland“, das als eine Art nordeuropäisches Atlantis einst Großbritannien und Dänemark miteinander verbunden haben soll. So mythisch der Inhalt der neuen Songs, so praktisch kommt er auch in anderen Verbindungen zum Ausdruck: Der Kombination aus irischem Shanty mit teutonischer Rockerhärte, die ebenso nach Freiheit klingt wie die erste Single des Albums. Bleibt uns eigentlich nur eines zu tun: Die Segel zu hissen und dem Ruf des Windes zu folgen. Dem von Santiano sowieso…
